Die Vorteile von Frost für uns und unseren Garten

Mit dem Winter kommt die Kälte und die Zeit für den Zwiebellook. Schicht für Schicht pelle ich mich morgens an und abends wieder aus. Da frage ich mich, wofür brauchen wir den Winter eigentlich? Wie ginge es unserem Garten, wenn die vierte Jahreszeit der globalen Erwärmung zum Opfer fiele? Was bringt der Frost, ausser triefende Nasen und nichtendenden Matsch? Sorgt langanhaltende Kälte wirklich für kleinere Mückenpopulationen im Sommer? Hier kommen 5 Vorteile von Frost, die Kältemuffeln zu einer neuen Sichtweise auf den Winter verhelfen können.

1. Frost als Hinweis für die vier Jahreszeiten

Für mich schwer nachzuempfinden, aber manche Pflanzen sind auf frostige Temperaturen angewiesen. Sogenannte Frostkeimer, wie die Narzisse treiben nämlich erst nach der Stratifizierung aus. Strati…WAS?

Laut Gartendialog, ist die Stratifizierung die Unterbrechung der Keimhemmung. Solange der Boden gefroren ist, kann die Blume nicht sprießen. Taut dieser allerdings auf Grund von Temperaturschwankungen zu früh auf, kommt es zur Stratifizierung und die Narzisse beginnt vorzeitig zu sprießen. Bodenfrost dient der Narzisse als Orientierung für die Jahreszeiten und sichert ihre Chancen auf eine gesunde Entwicklung.

2. Frost hilft gegen Langeweile

Schlittenfahren mit Kindern ist gut gegen Langeweile

Die Tage im Winter sind dunkel und manchmal sehr lang. Eine Partie Schlittschuh oder eine Schlittenfahrt sind da eine willkommene Abwechslung. Wie gerne erinnere ich mich an verschneite Tage in meiner Kindheit, heißen Kinderpunsch und halberfrorene Füße am Ofen. Es kostet ein wenig Überwindung, aber das Gefühl danach ist sehr befreiend.

3. Frost schenkt Schlaf

Steigt das Thermometer im Winter für eine Woche auf über acht Grad, beginnt die Natur aus dem Winterschlaf zu erwachen. Insekten verlassen ihre Behausungen, Igel erwachen aus dem Winterschlaf und Wildtiere beginnen mit der Fortpflanzung. Bäume und Pflanzen beenden die Saftruhe und beginnen teilweise früher an zu blühen. Allerdings nur teilweise. Das hat zur Folge, dass nicht ausreichend Nahrung für alle Insekten verfügbar ist. Kritisch wird es vor allem, wenn die frühlingshaften Temperaturen von einem plötzlichen Kälteeinbruch abgelöst werden. Die noch schwachen Tiere unterkühlen und erfrieren im schlimmsten Fall.

4. Frost sorgt für guten Geschmack

Egal ob dein Gemüse aus dem eigenen Garten oder dem Supermarkt kommt, es soll schmecken. Und dabei hilft Frost. Denn tatsächlich gedeihen einige bekannte Gemüsesorten bei winterlichen Temperaturen besser. Je länger Grünkohl und Pastinake Frost ausgesetzt sind, desto milder und süßlicher schmecken sie.

Neben der geschmacklichen Komponente, ist Frost auch für das Wachstum bestimmter Pflanzen wichtig. Die Wintergerste ist das erste Getreide, das Ende Juli gedroschen werden kann. Erfahrene Bauern wissen: Nur wenn das Getreide einem Kälteanreiz ausgesetzt ist, erreicht es im Frühjahr die nötige Wuchshöhe.1

5. Frost macht den Boden gar

Hast du dich schon mal gefragt, weshalb Bauern ihre Felder umgraben? Frostgare, also das Gefrieren und Auftauen das Bodens, sorgt für einen lockeren, krümeligen und aufnahmefähigeren Ackerboden.2 Allerdings empfiehlt der Gartenratgeber ein tieferes Umgraben im eigenen Garten vornehmlich bei schweren Böden in Gemüsebeeten. Sandige Böden sollten maximal gelüftet werden. Dafür in die Erde stechen und sie ein Stück anheben, sprich die Schichten nicht miteinander vermengen. Um ein Auswaschen des Bodens über den Winter zu vermeiden, gehen auch immer mehr Landwirte dazu über, nach dem Umgraben Gründünger zu säen und den Boden zu mulchen. 

Und hilft Frost nun gegen Mücken? Leider nein. Laut der Deutschen Wildtierstiftung verfallen Mücken im Winter in Froststarre und produzieren eine Art Frostschutzmittel, das ihr Überleben sichert. Ein kalter Winter mit Schnee sorgt sogar eher für mehr Mücken, da die vielen Kleingewässer im Frühling ideale Brutstätten für die Quälgeister darstellen. Für unsere Pflanzen und Gartentiere hingegen ist der Frost wichtig, da er als Bestandteil eines kalten Winters den Jahresrythmus anzeigt.

Ich persönlich werde dieses Jahr die kalten Tage als Anlass nutzen, öfter mal die Füße hochzulegen und versuchen die Hektik der letzten Monate hinter mir zu lassen. Machst du mit?

Deine erdhummel.

(1) https://www.merkur.de/lokales/weilheim/wielenbach-ort377061/ohne-frost-waechst-sie-nicht-91092760.html

(2) http://www.mein-garten-ratgeber.de/begriffe-erklaerungen-details/frostgare.html

Gartentiere auf den Winter vorbereiten

Einfache Tipps, wie du Spitzmaus, Igel & Co. beim Überwintern helfen kannst.

Auch wenn es immer weniger summt und brummt, noch ist der Winter nicht da. In den Berliner Gärten stehen die Kapuzinerkresse und Buschrose in voller Blüte. Über die Wiese meiner Bekannten läuft seit Tagen ein Igel umher, immernoch auf der Suche nach einem geeigneten Winterquartier. Während sich der Herbst von seiner schönsten Seite zeigt, können wir jetzt noch eins tun: Wildtiere in unseren Garten einladen. Man nehme leere Gefäße (Shopping nicht zwingend nötig), eine Harke (statt Laubbläser) und eine Gartenschere (statt elektrischer Heckenschere).

1. Artgerechte Nahrung anbieten

Die erdhummel beim Aufhängen eines Futterhauses für Gartenvögel
Der Herbst ist die ideale Jahreszeit, um im Garten Futterstellen einzurichten

Ist es nicht zuckersüß, wenn kleine Kinderhände beherzt in prall gefüllte Halloween-Tüten greifen? Aber Liebe geht auch durch den tierischen Magen. Während unsere Vorratsschränke in der dunklen Jahreszeit üppig gefüllt werden, herrscht in den Gärten oft gähnende Leere. Naturgärten ausgeschlossen. Dort gibt es Beerensträucher und Obstbäume an denen 1/3 der Früchte für Tiere hängen bleiben, heimische Heckensträucher, Wildpflanzen und volle Komposthaufen.

In allen anderen Gärten sollte so langsam das Vogelfutter bereitgestellt werden. Besser als auf dem Boden, ist das Vogelfutter in sauberen Gefäßen (z.B. Blumentopf, Untersetzer) oder Futtersilos und Meisenringen aufgehoben. Dort verdirbt oder vereist es nicht so schnell. Da nicht alle Vögel den gleichen Geschmack haben, darf es eine Mischung aus Körnern, Samen, getrockneten Beeren und Trockenobst sein. Langfristig empfehle ich dir, das Futter selbst herzustellen, da die handelsüblichen Mischungen auf Dauer viel Geld kosten. Tolle Rezepte für DIY-Vogelfutter findest du zum Beispiel beim Landesbund für Vogelschutz in Bayern

Übrigens: Brot ist für Vögel ungesund. Auch Wasservögel sollte man damit nicht füttern, da dies zur Verunreinigung der Gewässer beiträgt.

2. Blätter zu Laubhaufen zusammenharken

Weich gebettet schlafen Käfer eben am besten. Während das Laub in den Beeten liegen bleiben darf, sollte der Rasen weitestgehend davon befreit werden. Statt es aber in Laubsäcke zu füllen und für „teuer Geld“ entsorgen zu lassen, kannst du es in den abgelegenen Ecken deines Gartens anhäufeln. Für Käfer, Regenwürmer und Molche stellen Laubhaufen das ideale Winterquartier dar.

Dein Garten ist so klein, dass du keine abgelegenen Ecken hast und auf Beete ausweichen musst? Keine Sorge. Dank fleißiger Mikroorganismen, wird im Frühjahr kaum noch etwas von dem Haufen zu sehen sein. Reste kannst du dann als Mulchmaterial in Hecke und Beet verteilen. Sowohl der Boden, als auch deine Pflanzen freuen sich über die Nährstoffzugabe.

3. Totholz und Reisig stapeln

Eine Totholzhecke aus Pfählen und abgeschnittenen Zweigen und Ästen
Eine Totholzhecke bietet vielen Gartentieren Schutz vor Kälte und Feinden

Wenn du nun noch abgeschnittene Zweige (#reisig) in die Laubhaufen legst, finden auch Kleintiere wie Käfer, Rauben und Regenwürmer ein Zuhause für die kommenden Monate. Sie schützen die kleinen Freunde vor Kälte und Feinden.

Auch eine Totholzhecke, als Winterquartier für Wildbienen, Igel und Frösche ist schnell angelegt. Einfach ein paar Pfähle parallel zueinander in den Boden stecken, abgeschnittene Äste und Laub dazwischen legen, fertig.1 Der erste Igel kommt bestimmt. Und falls nicht, hat der NABU noch weitere Tipps parat.

Apropos Erdkröte. Wenn du einen Komposthaufen hast, empfiehlt es sich diesen jetzt mit Tannenzweigen zu bedecken. Erdkröten können in dem vergleichsweise warmen Winterquartier dann ungestört in Winterstarre fallen.

Als Dank unterstützen dich deine Gartentiere im neuen Jahr bei der „Schädlingsbekämpfung“. Sie alle sind die natürlichen Feinde von Läusen, Schnecken und Mücken und sorgen für ein ausgewogenes Verhältnis der Populationen.

Hast du Lust bekommen? Dann raus in den Garten! Aber mach’s besser als ich in den vergangenen Jahren. Statt zwischen Tür und Angel in Hektik zu verfallen und alles gleichzeitig machen zu wollen, nimm dir Zeit und Freunde mit. Denn Gartenarbeit soll vor allem eines machen: Spass!

Deine erdhummel.

(1) https://ethikguide.org/blog/ein-wintergarten-fuer-tiere/

3 Tipps für deinen Naturgarten im Herbst

Wie du Tiere und Pflanzen auf die kalte Jahreszeit vorbereiten kannst.

Herbst ist für mich: nasse Gummistiefel, warmer Tee und windschiefe Kastanienmännchen. Wenn die letzten Brombeeren heranreifen und sich die Blätter vom Wein rot färben, wird es auch in mir ruhiger. Im Garten mache ich dann nur noch Dinge, die mir am Herzen liegen und die allen Gartenbewohnern durch die kalte Jahreszeit helfen.

1. Tipp: Überwinterungshilfen für Tiere schaffen

Ein selbstgebautes Igelhaus
Ein Igelhaus kann man auch leicht selber bauen

Da sich nicht nur Vögel, sondern auch Insekten und Kleinsäuger im Herbst auf die Suche nach einem Platz zum Überwintern begeben, empfiehlt der NABU. Nistkästen für Vögel jetzt schon zu säubern und aufzuhängen. Ein Nistkasten sollte mindestens in zwei Metern Höhe an einem schattigen Platz hängen. Das Einflugloch zeigt idealerweise nach Osten oder Südosten. Wenn du nur einen kleinen Garten mit wenigen Bäumen hast, kannst du das Haus auch an deine Garage oder stabile Rankhilfe hängen. Eins meiner Vogelhäuser hängt sogar an einer Schnur und dreht sich im Wind. Den Blaumeisen scheint das nichts auszumachen, sie nisten jedes Jahr aufs Neue darin. Für die Igel lasse ich in zwei drei ruhigen Gartenecken große Laub- und Reisighaufen liegen. Da die Blätterhaufen aber im Winter immer ziemlich zusammensacken bauen wir dieses Jahr mal ein Igelhaus aus Holz. Dafür ist jetzt übrigens die beste Zeit, da dieses bis spätestens Mitte Oktober stehen sollte. Inspirationen für dieses schöne DIY-Projekt findest du beim Igelzentrum Zürich.

2. Tipp: Leere Stellen im Beet bepflanzen

Nach dem Motto „neues Jahr, neue Blumen“, hat meine Oma traditionell immer im Frühling gepflanzt. Vier Gründe (1) sprechen aber dafür, im Herbst (bis ca. Mitte Oktober) neue Pflanzen in den Boden zu bringen und andere umzusetzen oder zu teilen.

Offen für Ortswechsel

  • Die meisten Pflanzen ziehen sich im Herbst in den Boden zurück, werfen ihr Laub ab und begeben sich in eine Ruhephase. Sie benötigen weniger Energie und tolerieren ein Umsetzen besser.

Warme Bodentemperaturen

  • Im Frühjahr ist der Boden oft noch gefroren, was den Pflanzen ein Anwachsen erschwert. Der warme Herbstboden erleichtert den Pflanzen das Anwurzeln. Vor kalten Wintern und möglichem Temperaturschwankungen im Frühling sind die etablierten Pflanzen einfach besser gewappnet.

Mehr Nass von Oben

  • Der Frühling war in den letzten Jahren sehr trocken. Große Pflanzen wie Gehölze und Bäume konnten oftmals nicht ausreichend Flüssigkeit speichern, um sich auf lange, noch trockenere Sommer vorzubereiten. Die Regenmenge im Herbst ist dagegen stabiler. 

3. Tipp: Stauden und Immergrüne unterstützen

Die überirdischen Teile von Stauden und Gräsern schneide ich erst im Frühjahr zurück. Sie in der kalten Jahreszeit stehen zu lassen hat viele Vorteile:

  • die Wurzeln sind vor Frost geschützt
  • Vögel finden eine verlässliche Futterquelle
  • Insekten können darin überwintern
  • der Garten ist nicht so leer und sieht mit Reif bedeckt wunderschön aus
Die erdhummel beim Blumen gießen
Beim Wässern gilt: selten und dafür länger

Apropos Frost. Bevor es richtig kalt wird, wässere ich meine Hecke und andere immergrüne Sträucher gerne noch einmal ausgiebig. Denn was ich lange Zeit nicht wusste: immergrüne Sträucher sind im Winter eher der Gefahr ausgesetzt zu vertrocknen, als zu erfrieren. Von „Frosttrocknis“ spricht man, wenn Pflanzen an sonnigen Tagen stark Wasser verdunsten, aus dem gefrorenen Boden aber kein Wasser mehr aufnehmen können. Für einen zusätzlichen Verdunstungsschutz, bedecke ich sie mit dem Herbstlaub vom Rasen. Ähnlich halte ich es übrigens auch mit den Stauden. Einzig der Rasen wird von Laub befreit, da dieser auch weiterhin (langsam) wächst. Ein paar Tipps zur Rasenpflege im Herbst findest du im Gartenjournal, einem meiner Lieblingsblogs.

Genau in diesem Moment klettert meine Nachbarin wieder durch ihr Beet und beschneidet fleißig ihre Pflanzen. Sie sieht glücklich aus. Wieso auch nicht – sie hat Zeit, Energie und erfreut sich am Ende des Tages an ihrem ordentlichen Garten. Ob die Vögel und Insekten in unserem Kiez ihr Engagement genauso sehr schätzen? Vielleicht frage ich die Blaumeise, wenn sie das nächste Mal im Apfelbaum vor meinem Fenster landet.

Deine erdhummel.

(1) Manufactum, „Pflanzen Sie Vorfreude – Jetzt schon an den Frühling denken“, S. 51, Manufactum GmbH, Waltrop

Der Boden auf dem dein Garten steht

Vermutlich kennst du das Phänomen, dass sich manche Pflanzen scheinbar über Nacht in deinen Beeten vermehren, während andere sich schon beim Anwurzeln im Boden schwer tun. Im Garten meiner Schwester gibt es Gehölze, die man auch nach 10 Jahren noch mühelos mit bloßen Händen aus dem Boden ziehen kann. Im Folgenden erfährst du mehr über die Beschaffenheit deiner Gartenerde und ein besonders wichtiges Bodenlebewesen, das deinen Pflanzen hilft sich darin wohl zu fühlen.

Jede Pflanze benötigt bestimmte Nährelemente

Für eine normale Entwicklung benötigen Pflanzen bestimmte Nährstoffe, welche sie in Boden und Luft vorfinden. „Da jedes einzelne Nährelement im Leben der Pflanze ganz bestimmte Aufgaben übernimmt, kommt es beim Mangel an einem dieser Nährelemente zu typischen Mangelsymptomen. Andererseits kann es durch eine erhöhte Nährstoffzufuhr zu Überdüngungsschäden kommen.“ (1) Aus diesem Grund ist es wichtig den Boden vor der Düngung sowohl auf Beschaffenheit, als auch auf Nährstoffvorrat zu untersuchen. Die Art der Bodenbeschaffenheit kannst du selbst und ziemlich leicht herausfinden. Bei der Bestimmung fehlender bzw. vorhandener Nährstoffe helfen vielerorts sogar Gartencenter. Alternativ kannst du die Probe auch einschicken.

1. Bodenbeschaffenheit: DIY Quick & Dirty

Im Gartenjournal gibt’s einfache Tipps zur Bestimmung deiner Bodenbeschaffenheit. Zunächst entnimmst deinem Boden etwas Erde und befeuchtest sie.
Dann versuchst du eine esslöffelgroße Menge zu einer Rolle zu formen. Je nachdem wie stark sie sich formen lässt, handelt es sich um einen anderen Bodentypen.

Regenwurm in einer Probe Gartenerde
Ein gesunder Boden enthält bis zu 400 Regenwürmer pro Quadratmeter
  • Sand: Rolle lässt sich nicht formen, ist körnig und haftet nicht an der Hand
  • Schluff: Rolle lässt sich nur wenig formen und ist mehlig bis rau
  • Humus: Rolle lässt sich nicht formen, färbt die Hände grau-schwarz
  • Lehm: Rolle ist formbar und matt
  • Ton: Rolle ist gut formbar und bekommt beim Rollen keine Risse, glänzt sogar

2. pH-Wert-Bestimmung: Unterstützung von Experten

Hier entnimmst du insgesamt 500g Erde aus verschiedenen Gartenbereichen, füllst sie in einen Plastikbeutel und versendest diesen an ein Bodenuntersuchungsinstitut. Dieses schlüsselt dir neben der Bodenart auch den pH-Wert und den Gehalt verschiedener Nährstoffe auf.  Je nachdem welche Bodenart du in deinem Garten hast, solltest du folgende pH-Werte anstreben:

  • Leichter Boden –> mäßig saurer pH-Wert von 5,5 – 6,0
  • Schwerer Boden –> schwach saurer bis schwach alkalischer pH-Wert von 6,5 – 7,5

Übrigens: für ein Stauden- oder Gemüsebeet solltest du die Probe aus ca. 25cm Tiefe entnehmen, für Gehölze aus ca. 90cm. Der ideale Zeitpunkt einer Bodenprobe ist der Beginn der Vegetationsperiode, also das zeitige Frühjahr.

Natürliche Humusbildung in einem Mischwald
Natürliche Humusbildung im Mischwald (2)

Ein gesunder Boden schläft nie, er ist voller Leben

Als ich meine erste Bodenprobe im Garten durchgeführt habe, war ich allein. Ich meine wirklich ganz allein! Es lag weder ein Summen in der Luft, noch fand ich in der Gartenerde irgendwelche Bodenlebewesen.  Es gab weder Ameisen, noch Tausendfüßer, Ohrwürmer, Spinnen, geschweige denn Springschwänze (ich hätte nicht mal gewusst wie die aussehen). Ok, die ein oder andere Assel habe ich gesehen und bestimmt auch eine Nacktschnecke. Aber auch von Regenwürmern fehlte jede Spur.

Klare Indizien dafür, dass es meinem Gartenboden nicht gut ging. Denn ohne Bodenlebewesen findet keine Zersetzung und Mineralisierung organischer Substanz (z.B. Pflanzenreste) statt, was bedeutet, dass auch keine Nährstoffe für Pflanzen freigesetzt und zur Verfügung gestellt werden.
Regenwürmer beispielsweise übernehmen die wichtige Aufgabe der Krümelbildung des Bodens. Sie durchlüften ihn mit Hilfe ihrer zahllosen Gänge und fördern somit den Gasaustausch und die Wasserführung unter der Oberfläche. Ohne Regenwürmer haben Pflanzen es schwer auch in tieferen Bodenschichten ideale Wachstumsbedingungen vorzufinden, weil sie diese nur schwer durchwurzeln können.

Gewusst?


Wenn du einen Regenwurm bei der Gartenarbeit durchtrennst, gelingt es ihm manchmal das vordere Stück zu ergänzen und weiterzuleben

Schädlinge sind immer auch Nützlinge 

Ein Maulwurf in der Erde
Der Maulwurf in seiner natürlichen Umgebung (3)

Mittlerweile krabbelt und kriecht es in meiner Erde mehr. Nur auf einen wichtigen verborgenen Held warte ich nach wie vor vergebens: dem Maulwurf.  Wohingegen sich viele Gärtner über ihn bzw. seine kunstvollen Hügel ärgern, würde ich diese definitiv in Kauf nehmen.  So ein Maulwurf vertilgt nämlich täglich große Mengen pflanzenschädlicher Organismen. Auch Nacktschnecken. Außerdem sorgt er selbst im Winter, wenn viele andere Helfer schlafen, unermüdlich für eine Durchmischung tiefer Bodenschichten. (3) Ohne seine Unterstützung hätten viele andere Bodenlebewesen nicht genug Sauerstoff zur Atmung. Heute steht der Maulwurf unter Naturschutz und darf weder mit Fallen, Gift oder Abgasen getötet oder gefangen werden. 

Bodenlebewesen fördern leicht gemacht 

Bodenprobe hin oder her, eins kannst du sofort und immer tun: deinen Boden mulchen. Entsprechend dem Vorbild der Natur, kannst du gehäckselte Gartenabfälle, Kompost, Stroh oder Laub auf die Beete auftragen. Das Material versorgt den Boden kontinuierlich mit Nährstoffen, fördert somit Bodenlebewesen und reduziert noch dazu die Verdunstung von Wasser. Wenn man sie lässt, überzieht die Natur den Boden aber im Laufe der Zeit von selbst mit schützenden Pflanzen, unter denen sich das Leben der Tierwelt dann ungehindert abspielen darf.

Möchtest du weitere #verborgenehelden kennenlernen? Dann empfehle ich dir das Buch „111 Insekten die täglich unsere Welt retten“

Deine erdhummel.

(1) E. Körner (2021), Bodenkunde, Pflanzenernährung und Klimafaktoren, GAR04, ILS Fernstudiumzentrum Hamburg
(2) Marie-Luise Kreuter (2016), Der Biogarten, BLV Buchverlag, München
(3) https://www.istockphoto.com/de/foto/maulw%C3%BCrfe-gm1285327790-382199678

Tipps für entspanntes und erfolgreiches Gärtnern

Die Finnen gehören zu den naturverbundensten Völkern der Welt. Laut Zeit Online wird nur 8 Prozent der Fläche für Agrarwirtschaft genutzt, während satte 75 Prozent des Landes Wald bilden. Anstatt Wälder zugunsten der Wirtschaft oder des Wohnungsbaus zu roden, liegt der Fokus der Bevölkerung auf dem Schutz und Erhalt der Natur.

Mit welchen Augen wir die Natur sehen, hängt von unserer inneren Einstellung ab

Sich mit der Natur zu verbinden bedeutet aber nicht nur sie konsequent zu schützen. Wir müssen uns wieder Zeit nehmen sie zu beobachten anstatt immer an ihr „herumzudoktern“. Denn wenn wir sie so akzeptieren wie sie ist und uns auf sie einlassen, können wir viel von ihr lernen.   

In der Ruhe liegt auch die Kraft der Natur

Wenn ich ehrlich bin, verharre oder beobachte ich nicht gerne. Lieber verrichte ich mein Werk und überlasse es dann sich selbst, während ich mich dem nächsten Projekt widme. So machte ich es lange Zeit auch im Garten. Buddeln, pflanzen, kaufen, buddeln, repeat. Wenn man mich fragen würde wieviel Geld ich bereits in unseren Garten gesteckt habe, bliebe ich einer Antwort leider schuldig. Insbesondere in den ersten Jahren habe ich sämtliche Pflanzen einzig nach Aussehen gekauft, ohne zu wissen welche Bedürfnisse sie hatten und ob ich für sie eine geeignete Stelle bei uns finden würde. Im Herbst pflanzte ich nicht nur „eine ganz besondere Blume“, sondern einen großen bunten Haufen. Im kommenden Frühjahr konnte ich nie mit Sicherheit sagen, welche Pflanzen alt und welche neu, sprich eingegangen waren. Auf Dauer ist diese Art des Gärtnerns nicht nur total unökonomisch. Sie macht auch keinen Spaß und verbreitet viel Unruhe. Für mich waren das drei gute Gründe, schnellstmöglich aus diesem Teufelskreis auszubrechen. Gelungen ist mir dies mit Hilfe folgender Grundgedanken.

1. Setze auf heimische Pflanzen & Wildpflanzen

Ginster gedeiht an sonnigen Standorten
Ginster liebt sonnige Plätze mit kargen Böden

Exoten die sich z.b. in Spanien wohlfühlen, gedeihen oftmals nur bedingt bei uns in Deutschland. Sie zu pflegen bedeutet Aufwand und zieht leider auch oft den Einsatz von Dünger oder Pestiziden nach sich. Anders als Wildpflanzen, sind viele Zierpflanzen auf Unfruchtbarkeit gezüchtet (z.B. Gefüllter Schneeball). Das hat zur Folge, dass sie für Insekten und ergo Vögel unbrauchbar sind.

2. Achte auf Standortansprüche

Wie sind die Lichtverhältnisse in deinem Garten? Welche Ecken sind vollsonnig (mind. 8h Sonne / Tag), sonnig (mind. 5h Sonne / Tag), halbschattig (mind. 2h Sonne / Tag) und welche Bereiche sind schattig (max. 2h Sonne / Tag). Zudem lohnt sich eine Bodenprobe, da die Böden von Region zu Region unterschiedliche Charakteristiken hinsichtlich Nährstoffgehalt und Wasserspeicherung aufweisen können. Ein Blick über den Gartenzaun hilft bereits eine Ahnung davon zu bekommen, welche Pflanzen in deiner Umgebung gut gedeihen und welche Tiere sich darin wohlfühlen.

3. Kaufe wenig, teile viel 

Ich weiß, das Angebot in Pflanzenmärkten ist sehr verführerisch! Wie wäre es, wenn du dir vor der nächsten Shoppingtour einen Pflanzplan mit einer dazugehörigen Liste erstellst? Achte beim Kauf auf die Qualität der Pflanzen: möglichst viele kurze/dicke Triebe, keine befleckten oder sich kräuselnden Blätter, keine Unmengen von braunen Wurzeln, Bio wann immer möglich. Noch besser als der Kauf im Pflanzenmarkt ist der Tausch von Pflanzen mit Bekannten. Im Herbst lassen sich Stauden wunderbar teilen. Im Folgejahr danken sie es dir oftmals mit einem angeregten Wuchs. 

4. Sei geduldig 

Malven und Gräser im perfekten Einklang
Eine einzigartige Kombination: der fließende Übergang von blühenden zu bereits verblühten Stauden

Die Natur ist immer im Wandel und so auch unser Garten. Was letztes Jahr üppig geblüht hat, darf sich auch mal eine Ruhepause gönnen ohne, dass wir gleich zu Schere oder Spaten greifen sollten. Im Gegenteil. Als ich aufhörte, den Boden ständig umzugraben, zu jäten und zu durchwühlen, entdeckte ich auf einmal Pflanzen an Stellen, die ich ganz woanders in den Boden gebracht hatte. Sie hatten Ausläufer gebildet oder sich mit Hilfe von Wind oder Insekten vermehrt. Über die Jahre entstanden Beete, die ich so nie geplant hatte und die genau deshalb einzigartig waren. Wenn wir sie lassen, malt die Natur überall in den schönsten Farben.

Ein Garten ist eben doch kein Projekt. Er ist „vergänglich, in seiner Unvollkommenheit wunderschön und niemals fertig“. Gerade jetzt, wo alles so herrlich blüht, summt und brummt, ist es wichtig ihn auch zu genießen und sich von der vermeintlichen Idealvorstellung zu trennen.(2) Wir sollten uns viel öfter Zeit für eine Hängematten-Pause nehmen und den Garten einfach mal Garten sein lassen!

Deine erdhummel.

(1) Lepple, A. (2020) , Mein Wabi Sabi Garten – respektvoll gestalten, achtsam genießen, Eugen Ulmer KG, Stuttgart

Auch ein Naturgarten will gestaltet werden

Erste Tipps für einen harmonischen Garten!

Wäre es in den letzten Wochen nicht so heiß gewesen, hätte ich sicherlich neue Pflanzen in den Boden gebracht und weitere Ideen für den Garten gesponnen. Immer mit dem einen Ziel vor Augen: mehr Natürlichkeit und Harmonie in den Garten zu holen. Kleine Anmerkung an dieser Stelle: bei all meinen Projekten bekomme ich fast immer tatkräfitge Unterstützung von meiner Familie. Allein ist der Spaß einfach nicht ganz so groß – weder während der Umsetzung noch beim Applaus zur Fertigstellung. Außerdem lassen sich während der Arbeit herrlich viele Themen besprechen. Zum Beispiel…

„Gibt es eigentlich grundlegende Aspekte, die man bei der Gartengestaltung beachten sollte?“

Klar, gibt es die! Und hätte ich diese zu Beginn meiner Gartenkarriere gekannt, wären mir einige Fehltritte erspart geblieben. Damit es dir besser gelingt, verrate ich sie dir von Herzen gern.

  1. Finde heraus, was dein Garten für dich sein soll
  2. Dein Garten ist ein Tanz, alles eine Frage der Balance
  3. Das Weniger-Ist-Mehr-Motto gilt auch im Garten
  4. Gegensätze ziehen sich an, so wie Yin & Yang

1. Finde heraus, was dein Garten für dich sein soll

Ist dein Garten eher Spielwiese für Kinder, dein Sprung in die Selbstversorgung, ein Ort für gesellige Grillabende oder all das zusammen? Je nachdem wo bei dir bzw. euch die Prioritäten liegen, ist eine sinnvolle Einteilung und Ausrichtung der jeweiligen Gartenbereiche von enormer Bedeutung. Vielleicht wollen die Kinder nicht den gesamten Tag über in praller Sonne schaukeln. Deine Hochbeete allerdings, freuen sich über ausreichend Sonne und du dich über Kräuter und Kompost in Reichweite der Küche. Es ist nicht immer ganz leicht, alles unter einen Hut zu bekommen. Dann hilft nur abwägen und priorisieren. Vielleicht kann das Gewächshaus ja noch warten, bis der Sandkasten nicht mehr ganz so gefragt ist? Manchmal muss man nicht zwingend alles selbst haben – Fußballspielen bei Freunden macht genauso viel Spaß. Beim Thema Selbstversorgung bieten viele Städte Urban Gardening an. Gemeinsam gärtnern bietet eine schöne Möglichkeit sich mit Gleichgesinnten über Erfahrungen auszutauschen (hatte ich das schon erwähnt?!). 

2. Dein Garten ist ein Tanz, alles eine Frage der Balance

Diese Skulptur harmoniert perfekt mit der Grundstücksgröße und der Bepflanzung

In einem harmonischen Garten stimmen nicht nur die Größenverhältnisse. Auch die Menge und Art der Pflanzen, sowie ihre Positionen im Garten tragen zum Gesamtbild bei. Das heißt, eine Stadtvilla kommt erst auf einem größeren Grundstück richtig zur Geltung und zu viele immergrüne Sträucher können schnell trist wirken. Gemischt mit laubabwerfenden Begleitern ergeben sie gleich ein viel harmonischeres Bild.  Statt das Grundstück schlauchartig zu bepflanzen, empfiehlt es sich eher rechts und links kleinere Pflanzeninseln entstehen zu lassen. Den Dreiklang gibt es auch im Garten. Drei Sträucher wirken harmonischer als vier.

3. Das Weniger-Ist-Mehr-Motto gilt auch im Garten

Ich brauche mittlerweile keine 20 Jeans mehr im Schrank, und auch nicht fünf verschiedene Materialien für Wege und Abgrenzungen. Während ich im Alltag so langsam wieder lerne zu reduzieren, fällt es mir in anderen Bereichen noch schwer. Je nachdem, ob wir uns für Holz oder Stein entscheiden, sollte dieses Material auch die erste Wahl bei verschiedenen Gartenelementen sein. Bei Pflanzen fällt die Wahl nicht immer ganz so leicht, denn die Auswahl ist mittlerweile riesig! Tatsächlich wirken aber wenige, bewusst gewählte Pflanzen in mehrfacher Ausführung imposanter als ein buntes Blütenmeer aus aller Herren Länder.  Sich wiederholende Pflanzenkompositionen lassen den Garten zudem zusammenhängender wirken, als sich ständig abwechselnde Arten und Sorten. Kleiner Tipp: beim Supermarkt hält mich eine Einkaufsliste von Spontankäufen ab. Probier’s doch auch mal für deinen nächsten Besuch beim Pflanzenmarkt aus!

4. Gegensätze ziehen sich an, so wie Yin & Yang

Blutpflaume vor weißer Wand

Das Runde muss neben das Eckige und die raue Schale kann nicht ohne ihren weichen Kern. Für den Garten heißt das: die kugelige Eibe darf ruhig neben der säulenförmigen Tanne stehen und der neue Holzweg kommt am besten zur Geltung, wenn er von Gräsern oder Polsterpflanzen eingefasst wird. Bei uns im Garten gibt es eine lange Holzwand, welche wir letztes Jahr zum Teil weiß gestrichen haben. Seitdem leuchtet die Blutpflaume davor noch mehr und die Kompostecke wirkt gleich weniger trist. In einer gesunden Dosis sind Kontraste im Garten für das Auge eine Wohltat.

Also trau dich, probier’s aus und vergiss dabei nicht alles in Maßen zu machen. Denn Weniger ist heute mehr!

Deine erdhummel.

(1) E. Körner (2021), Gartenkkunst, ILS Fernstudiumzentrum Hamburg (2021)

Wasser! Eine wertvolle Ressource, die man auch im Sommer aktiv schützen kann.

Mit einem Naturgarten sinnvoll Wasser sparen.

Eins meiner liebsten Kinderlieder handelt vom Regen und ist ein richtiger #ohrwurm! Immer wenn dicke Regentropen an mein Fenster klopfen, gelangt die Melodie in meinen Kopf und ich beginne zu singen. Erst leise und dann immer lauter. Vielleicht kennst du das Lied sogar:

Eine dicke Regenwolke kommt über’s Meer.

Eine dicke Regenwolke leise und schwer.

Hat den Bauch voll Wassereimer,

soviel Wasser trägt sonst keiner.

Muss die Welt begießen, die Bäume und die Wiesen

Und auch mein Radieschenbeet, das habe ich allein gesät.

Zitat aus „Der Traumzauberbaum“

In den letzten Jahren hat es insbesondere im Sommer so selten geregnet, dass ich meinen Spleen kaum ausleben konnte. Aktuell geht es mir diesbezüglich etwas besser und ich fühle mich auch noch nicht gezwungen, wie eine Verrückte mit der (gefühlt kleinsten Gießkanne der Welt) Straßenbäume und Hecken zu wässern.

Wie die globale Erwärmung unseren Regen beeinflusst

Aber weshalb ist in manchen Teilen Deutschlands in den letzten Jahren nicht mal die Hälfte der durchschnittlichen sommerlichen Regensummen gefallen? Stichwort „globale Erwärmung“. Die Veränderung unserer Atmosphäre, verändert auch globale Windströmungen, welche „Impulsgeber für die Entwicklung und für die Hartnäckigkeit gerade auch regionaler Witterungskapriolen“ sind. (1) Wir spüren diese Entwicklung immer öfter auch am schnellen Wechsel zwischen langanhaltender Trockenheit und Starkregen. Ich selbst stand 2017 in unserem Keller tagelang knöcheltief im Wasser.

Es ist ein Teufelskreis: je heißer es wird, desto trockener werden die Landschaften und umso mehr möchten wir unsere eigenen Gärten wässern. Während unsere Beete blühen, verdursten mancherorts ganze Wälder. Manche Gemeinden haben deshalb in den letzten Sommermonaten bereits ein Sprengverbot für Gärten erlassen. (2)

Dass unser Klima immer extremer wird, hängt also mit uns Menschen zusammen. Die Weltbevölkerung wächst und mit ihr der Bedarf an Energie, Nahrung und Wasser. Insbesondere wir Industrienationen müssen uns da ganz doll an unsere eigene Nase fassen. (3)

Die wichtigsten, wenn auch schockierendsten Trends unserer Zeit, die „Große Beschleunigung“

Es ist egal wie oft ich mir diese Grafik anschaue, ich bin jedes Mal aufs Neue schokiert! Es ist allerhöchste Zeit, dass wir aufhören immer nur aus dem Vollen zu schöpfen. Wir müssen #umdenken – nicht anfangen, sondern #einfachmachen! Die gute Nachricht ist: Vieles von dem wie wir es machen, können wir auch einfach anders machen. Fahrrad statt Auto, Wiederverwertern statt Wegwerfen, Wasserhahn aus statt Wasserhahn an. Im Haushalt ist das Wassersparen leicht umzusetzen: Hahn zu, Wasser aus. Aber was tun, wenn die Blümchen ihre Köpfe hängen lassen und der Rasen beginnt braun zu werden?

Nicht alles was braun ist, ist gleich tot

Präriebeete bilden eine starke Pflanzengemeinschaft und sind äußerst genügsam

Zum einen ist, wie immer, der richtige Standort für die Pflanzen wichtig. Pflanzen mit dicken, fleischig-saftigen Blättern vertragen sonnige Standorte. Sie nutzen ihre Blätter als Wasserspeicher und überstehen so mühelos auch längere Trockenzeiten. Ähnlich machen es Pflanzen mit Blattdornen. Berberitze, Robinie oder Akazie haben ihre Blätter zu Blattdornen umfunktioniert, wodurch es ihnen gelungen ist die verdunstende Oberfläche zu verringern und gekonnt Wasser einzusparen. Ich persönlich bin ein großer Fan vom Schmetterlingsflieder. Anders als der gemeine Flieder, ist er ein wahrer Insektenmagnet, der meist auch ohne Wasserzugabe herrlich blüht. Auch Fetthenne (mit ihren Dickblättern), die Schönmalve, Salbei und Frauenmantel machen jedem Gärtner das Leben leicht. Als anspruchslose Alleskönner gehören sie für mich in jeden naturnahen Garten.

Und was den Rasen angeht: lieber nicht zu kurz mähen und eine dünne Schicht Rasenschnitt als Schutz darauf liegen lassen. Außerdem nicht tagsüber, sondern spät abends oder früh morgens sprengen. Es genügt, wenn du den Rasen selbst bei Trockenheit alle vier Tage oder einmal in der Woche sprengst. (6) Keine Sorge, brauner Rasen ist nicht tot. Er hat sich nur in die „Sommer-Dormanz“ begeben. Sobald es wieder feuchter und kühler wird, treibt er an der Basis neu aus. (4)

Praktische Tipps, wie du im Garten Wasser sparst

  • Bäume pflanzen – sie spenden Schatten und unterstützen Böden den bei der Wasserspeicherung
  • Böden verbessern – sandige Böden mit Humus aufbessern um die Wasserspeicherung zu verbessern
  • Regenwasser in Regentonnen sammeln
  • Effektiv wässern – Tropfschläuche vs. Sprenger und Kreiselregner
  • Seltener gießen – Pflanzen zwingen tiefe Wurzeln zu bilden
  • Böden schützen – Bodendecker & regelmäßiges Mulchen als Schutz vor Hitze / Kälte
  • Verstärkt auf Pflanzen setzen, die Trockenheit vertragen (z.B. Präriebeete)

Präriebeete sind toll! Sie sind naturnah, langlebig und pflegeleicht. Welche Pflanzen sich dafür besonders eignen, zeige ich dir in den nächsten Wochen immer mal wieder auf Instagram unter erdhummel_naturgarten.  

Ich freu‘ mich auf dich!

Deine erdhummel

(1) https://www.wetteronline.de/wetternews/seit-drei-jahren-zu-wenig-regen-regional-muesste-es-wochen-regnen-2020-09-11-ds
(2) https://www.maz-online.de/Lokales/Oberhavel/Wenn-Gaertner-nicht-giessen-duerfen
(3) University of Cambridge, Business Sustainability Management, Online Short Course, Module 1 Unit 1, Systems pressures and trends (2020)
(4) https://www.br.de/wissen/desertifikation-verwuestung-wuestenbildung-ausbreitung-wueste-100.html
(5) https://www.plantura.garden/gartentipps/gartenpraxis/wasser-sparen-im-garten-6-wertvolle-tipps
(6) https://www.gartenjournal.net/rasen-sprengen

Unser Essen geht um die Welt: wie Ernährung einen Unterschied machen kann.

Während meines Studiums in Frankreich, erklärte mir eine durchaus humorvolle Freundin, dass sie uns Deutsche immer mit einem bestimmten Satz in Verbindung bringt: „Isch liebe Wurst!“. Als später meine erste Tochter an fast jeder Frischetheke eine Wurst auf die Hand bekam, musste ich unweigerlich an diesen Satz denken und in mich hineinschmunzeln.

Aus Respekt vor Tieren, habe ich aufgehört Fleisch zu essen. Auslöser war ein Newsletter von PETA vor 5 Jahren. Der Gedanke, komplett auf Fleisch zu verzichten, löst bei vielen Menschen in meinem Umfeld ein ungutes Gefühl aus. Dabei ist die fleischlose Küche echt vielfältig. Neben verschiedensten Kochbüchern aus aller Welt, gibt’s in gut geführten Supermärkten eine große Auswahl an veganen „Fleischprodukten“. Zudem wird man mit der Zeit ohnehin experimentierfreudiger. Kohl zum Beispiel muss nicht immer mit Speck oder Hackfleisch angebraten werden, um eine würzige Note zu erhalten. Neulich habe ich ein Kohlcurry mit Mandeln gekocht, das wirklich allen geschmeckt hat.

Weniger Fleisch & Wurst, mehr Gemüse & Obst aus der Region, weniger wegwerfen

Fleisch zu essen ist keine Sünde. Neben der Herkunft der Produkte, macht aber eben auch die Menge den Unterschied. Denn Vielfalt auf unseren Tellern, schafft Vielfalt in der Landwirtschaft (Agrobiodiversität). 75% der weltweiten Nahrungsmittelversorgung stammt von nur 12 Pflanzen- und Tierarten. Diese Ernährungsmonotonie gipfelt in einem Rückgang der Vielfalt von Pflanzen und Tieren und ist Grund dafür, dass seit 1900 bereits 75% der genetischen Pflanzenvielfalt in der Landwirtschaft verloren gegangen sind.(1)

Lebensmittelproduktion und ihr Einfluss auf die Natur
Lebensmittelproduktion und ihr Einfluss auf die Natur (2)

Co2 Abdruck von Tomaten unterschiedlicher Herkunft
Der CO2-Ausstoß einer Tomate: Regional, Flugtomate, Freiland, Regaional & Saisonal

Laut einer Studie des WWF von 2012 liegt der Anteil der Landwirtschaft am Gesamtausstoß von Treibhausgasen bei über 10%. (3) Neben der Produktion, Verarbeitung und Verpackung unserer Lebensmittel, macht auch der Transport einen festen Bestandteil innerhalb der Wertschöpfungskette aus. Zum Vergleich: der CO2-Anteil für Treibstoffverbrauch in g / Kg Ware aus der Region liegt bei 230g. Der Anteil für Produkte, die mit dem Flugzeug aus Übersee transportiert werden, liegt bei 11.000g. (4). Sind die Produkte dann endlich in unserem Haushalt angekommen, landen jährlich 18 Mio. Tonnen davon in der Tonne. Produkte, für die ca. 30% der weltweiten Agrarfläche unnötig genutzt werden.

Es gibt mehrere Gründe, weshalb in Deutschland so viele Lebensmittel verschwendet werden. Wertschätzung spielt eine wesentliche Rolle. In einer Zeit von Globalisierung und Digitalisierung, ist vielen das Wissen über Kulturpflanzen und Nutztiere verloren gegangen. Wir Deutschen werden satt, haben aber nur eine Ahnung davon, wie unser Essen auf die Teller kommt.

Raus aus Abhängigkeitsverhältnissen

Bevor ich letztes Jahr begann, mich intensiver mit der Herstellung von Nahrungsmitteln zu beschäftigen, wusste ich nicht einmal wie man Jungpflanzen selbst zieht. Heute wässere und „ausgeize“ ich meine Tomaten mit so viel Liebe, dass es mir „piepegal“ ist, wenn sie an manchen Stellen aufgesprungen und leicht matschig sind. Sie schmecken einfach viel besser als ihre in Plastik verpackten Freunde aus dem Supermarkt. Sie wegen vermeintlicher Unzulänglichkeit wegzuwerfen, käme mir nicht eine Sekunde lang in den Sinn. Selbstversorgung – sei es auch nur bis zu einem gewissen Grad – zwingt mich meine Hände in die Erde zu stecken. Ich verbinde mich mit der Natur und beginne zu begreifen, wo wir herkommen.

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Deshalb, einfach ausprobieren! Selbst auf einem kleinen Balkon kannst du in Töpfen Tomaten oder Kräuter aussäen oder anpflanzen. Wenn du dich bei der hiesigen Auswahl nicht entscheiden magst, experimentiere ruhig ein wenig. Grundsätzlich sagt man: einjährige Kräuter zu einjährigen und mehrjährige zu mehrjährigen. Mein jüngster Favorit ist übrigens „Borretsch“. Mit dieser Pflanze kannst du Salate würzen und tolle Eintöpfe verfeinern. Schön ist auch die Kapuzinerkresse. Sie eignet sich nicht nur gut zum Beranken trister Hauswände, sondern auch zum Aufpeppen immergleicher Salate. Zusammen mit anderen Kräutern wie Thymian, Liebstöckel, Oregano oder Salbei sind sie allesamt auch echte Bienenweiden. Sommerfeeling garantiert!

Wenn du etwas mehr Platz zur Verfügung hast, kannst du im Mai noch Samen von Möhren, Erbsen und Kohlrabi aussäen. Auch Kürbis, Zuckermais und Zucchini dürfen nun endlich raus an die frische Luft. Sie gehören allerdings zu den Starkzehrern mit viel Platzbedarf. Wenn du einen Kompost hast, dann wäre dieser der perfekte Platz! 

Später dann, bei der Lagerung der geernteten oder gekauften Produkte, gibt es ein paar Dinge zu beachten. Hier ein paar Tipps:

Ich weiß schon – am Anfang hört sich das alles einigermaßen kompliziert an. Welches Gemüse wann, mit wem & wo??? Aber denk gar nicht so viel darüber nach! Wie NINO schon sagte: „Einfach machen und wenn’s nicht klappt, dann herausfinden woran es gelegen hat und besser machen.“

Was soll schon passieren?!

Deine erdhummel.

(1) Knorr, WWF & A. Drewnowski (2019),Future 50 Foods. 50 foods for healthier people and a healthier planet.
(2) WWF Living Planet Report (2020), WWF-Videokonferenz zum Thema Ernährung in den Grenzen unseres Planeten, 17.02.2021
(3) WWF (2012) Klimawandel auf dem Teller, https://www.wwf.de/fileadmin/user_upload/Klimawandel_auf_dem_Teller.pdf
(4) Verbraucherzentrale (2019), Klimaschutz beim Essen und Einkaufen, https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/gesund-ernaehren/klimaschutz-beim-essen-und-einkaufen-10442

Dank Permakultur alte Werte neu entdecken

Mit Beginn meiner Jugend, bekamen materielle Dinge einen neuen Stellenwert. Fast plötzlich war es mir wichtig, die neusten Nikes zu besitzen und nicht das abgelegte Fahrrad meines älteren Bruders zu fahren. Beide Wünsche haben meine Eltern (zu meinem damaligen Bedauern und völligem Unverständnis) nicht unterstützt. Erst als Mutter begann ich zu verstehen, weshalb meine Eltern so streng im Umgang mit Konsumgütern waren und uns beibrachten, dass Teilen sowohl aus sozialer als auch nachhaltiger Sicht die einzige Lösung ist.

Miteinander teilen und füreinander sorgen

Trockenmauer bepflanzt
Die Trockenmauer, ein beliebtes Element in der Permakultur

Heute, 30 Jahre später, beginnt sich das Blatt zu wenden und die Idee, nachhaltiger zu leben und Besitz zu teilen, etabliert sich wieder. Mehr Menschen beschäftigten sich mit den Zusammenhängen zwischen Ernährung, Landwirtschaft und Umwelt und versuchen ihr tägliches Konsumverhalten anzupassen. 

Sorge für die Erde. Sorge für die Menschen. Begrenze Konsum und Wachstum und teile Überschüsse.

Permakultur Institut e.V. (1)

Bill Mollison und David Holmgren erging es in den 1970er Jahren ähnlich. Schon damals erkannten sie, dass die industrielle Landwirtschaft Böden zerstört und Wasserhaushalt und Artenvielfalt schädigt. Mit der Idee auf einem Stückchen Erde eine dauerhafte oder nachhaltige Landwirtschaft zu betreiben, entstand auch die Vision der nachhaltigen Kultur – das „Prinzip Permakultur“. Die Idee der Permakultur basiert auf drei ethischen Prinzipien:

Earth Care – Sorge für die Erde
People Care – Sorge für die Menschen
Fair Share – Begrenze Konsum & Wachstum, verteile Überschüsse

Permakultur als eine Lebenseinstellung

Mich als Permakultur-Neuling, erinnern diese Prinzipien stark an die „Sustainable Development Goals„. 17 politische Zielsetzungen, welche die Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung auf ökonomischer, sozialer sowie ökologischer Ebene anstreben. Die Permakultur hingegen formuliert keine Ziele. Vielmehr ist sie ein Lösungskonzept und eine Lebenseinstellung. Hier liegt der Wunsch zu Grunde, im Einklang mit der Natur zu existieren. 

Anfang des Jahres lernte ich NINO kennen. NINO beschäftigt sich seit über 10 Jahren mit dem Thema Permakultur und ist für mich ein Pionier auf dem Gebiet. Anders als die meisten Menschen, fand er nicht über das Thema „Selbstversorgung“ zur Permakultur. Für ihn war die Ideologie schon immer fundamentaler Bestandteil seines Lebens. Zeit, ihm ein wenig auf den Zahn zu fühlen.

Permakultur-Experte Nino bei bei einem Kunden im Gemüsebeet
Nino bei der Arbeit in einem Permakultur-Garten

5 Fragen an den Permakulturexperten NINO

Was bedeutet „Permakultur“ für dich und inwiefern ist sie Teil deines Lebenskonzepts?

Sie gehört für mich zu einem erfüllten Leben dazu, da sie allumfassend ist. Sie betrifft ja nicht nur den Garten, sondern beschreibt auch das Leben mit Tieren, soziales Miteinander und bestimmte Verhaltensnormen. Insbesondere der Anbau von Gemüse ist mir wichtig, da er mir bis zu einem gewissen Grad auch eine wirtschaftliche Unabhängigkeit ermöglicht.

Unsere Gesellschaft ist stark von Konsum geprägt. Gab es Momente, in denen es dir schwer fiel dich dem zu entziehen? 

Auch wenn ich weitestgehend losgelöst von gesellschaftlichen Zwängen lebe, bestelle auch ich manchmal Bücher im Internet. Die Auswahl dort ist einfach besser. Generell versuche ich Konsum aber möglichst gering zu halten. Ich repariere meine Schuhe selbst, wenn sie kaputt gehen und unterwerfe mich nicht der neusten Mode. Für die Gründung meiner Firma habe ich nie einen Kredit aufgenommen. Geld das ich z.B. für die Anschaffung von Werkzeugen benötige, erarbeite ich mir vorab selbst. 

Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten Merkmale eines Permakultur-Gartens?

Die Natur muss in den Kreislauf integriert sein. Das heißt, man sollte wenig bis gar keine Dinge / Substanzen von Außen zuführen. Statt Mulchmaterial zu kaufen, entspricht es mehr dem Permakultur-Prinzip, den eigenen Kompost effizienter zu nutzen.Der Aufwand muss im Verhältnis zum Ertrag stehen. Indem ich beispielsweise selbst Solarenergie für mein Gewächshaus generiere, bin ich von externen Systemen unabhängig und kann Gemüseanzucht viel effizienter betreiben.

Gibt es Irrtümer über die Permakultur, mit denen du gerne aufräumen würdest? 

Zum einen wird Permakultur gerne mit dem links-/grün-ideologischen Gedankengut in Verbindung gebracht. Statt politisch, ist Permakultur für mich freiheitlich. Zum anderen höre ich oft, dass Permakultur-Gärten keine Arbeit machen. Ein Garten macht immer Arbeit! Allein bei der Selbstversorgung muss Gemüse vorgezogen, gewässert, geerntet und konserviert werden. Der Schlüssel bei der Permakultur liegt viel mehr in der effizienten Umsetzung und Nutzung des Gartens. Wenn man das schafft, wird es über die Jahre hinweg dann immer weniger zu tun geben. 

Die „Permakultur“  etabliert sich gerade stärker. Glaubst du, das Konzept hat Zukunft und ist noch dazu massentauglich? 

Ja, Permakultur ist auf jeden Fall massentauglich. Wenn auch für jeden in etwas anderer Form. Wir erleben schon lange eine Stadt-Flucht. Durch die aktuelle Krisensituation verlangen wieder mehr Menschen nach mehr Raum und Natur. Beide Aspekte sind auf dem Land eher zu finden, als in der Stadt. Durch die Enge in Städten, kommt erschwerend der Faktor Neid hinzu. In der Stadt ist Permakultur eben noch ein finanzieller Luxus, den sich nur Wenige leisten können. Das kann sich durchaus ändern. In meinem Berufsalltag treffe ich immer mehr Menschen, die keine Lust auf „Smartcities“ haben und wieder natürlicher leben möchten. Für diese Menschen ist das Modell Permakultur der richtige Weg.

Hast du einen Tipp, für alle die erst am Anfang ihrer Permakultur-Karriere stehen?

Gerade bei der Selbstversorgung ist es wichtig, angstfrei zu sein. Einfach machen und wenn’s nicht klappt, dann herausfinden woran es gelegen hat und besser machen. 

Vielen Dank!

Die Zusammenarbeit mit Menschen wie NINO empfinde ich als sehr bereichernd. Sie lehren uns nicht nur viel über unsere Umwelt sondern beweisen, dass ein Leben weitab von Konsum durchaus Reize hat.

Ich für meinen Teil, möchte in Zukunft mehr meinem Herzen folgen und auch im Garten „einfach mal machen“.

Deine erdhummel.

(1) ttps://permakultur.de/was-ist-permakultur/

(2) Beiragsbild von Maurício Uchoa Bruttos, https://pixabay.com/de/photos/agroforestry-landwirtschaft-6049501/

Mit Wabi Sabi zum eigenen Naturgarten

Wenn ich mich abends abschminke und (kritisch) in den Spiegel schaue, sehe ich mich. „Mich“ mit 38, mit Falten auf meiner Stirn und grauen Haaren an den Schläfen. Seltener hingegen sehe ich mich als Mutter, Frau, Freundin, Tiernärrin und ambitionierte Gärtnerin.

Natursteinweg im Hermannshof Weinheim, umrankt von Glyzinien
Unser Aufenthalt ist flüchtig

Weshalb empfinde ich es als so schwierig, Dinge so zu nehmen wie sie nun mal sind (und immer schon waren)? Gerne würde ich den „Zauber der Vergänglichkeit“ akzeptieren und im Moment leben ohne mich über die eigene Endlichkeit zu grämen. Vielleicht kann ich, können wir, die Japaner als Vorbild nehmen. Mit Wabi Sabi  gelingt es ihnen die perfekte Unvollkommenheit im Leben zu begrüßen und sogar zu zelebrieren.

Wabi – während das Wort bis zum 14. Jh mit Elend, Einsamkeit und Trostlosigkeit verknüpft wurde, erlangte es im Laufe der Zeit einen gänzlichen neuen Stellenwert in der Gesellschaft Japans. Statt mit Armut, begannen die Menschen es mit der Unabhängigkeit von materiellen Gütern und der tiefen Verbundenheit zur Natur zu verknüpfen. Es wurde zum Gegenentwurf von Perfektionismus und Prunksucht.

Sabi – dieses Wort steht für Patina, Reife und geschmackvolle Einfachheit. Durch die Verbindung der beiden Worte Wabi Sabi entstand ein ästhetisches Konzept, eine Weltanschauung die eng mit dem Zen-Buddhismus verwoben ist.

Nichts ist jemals fertig, alles ist vergänglich

Laut der buddhistischen Lehre ist unsere Existenz von drei Hauptmerkmalen geprägt: Vergänglichkeit, Leiden und Leere. Wie die Jahreszeiten, ist auch unser Leben vergänglich und von Geburt über Krankheit bis zum Tod von Leid geprägt. Die Leere bezieht sich auf das individuelle Selbst. Denn anders als in der westlichen Kultur, versteht die östliche Welt uns Menschen als Teil des Kosmos, in dem wir eins mit der Natur sind. Der Einzelne steht weder über den Anderen, noch über Mutter Erde. Stattdessen sind wir alle miteinander verbunden und gehen gemeinsam durch Höhen und Tiefen. Wir scheitern und wachsen an unseren Fehlern.

Erst wenn wir diesen Gedanken akzeptieren und mit dem Herzen verstehen, können wir gelassener werden und die Augen für die kleinen, subtilen Dinge schärfen. Sei es der duftende Kaffee, der uns hilft aus den Federn zu kommen oder die Maise auf dem Apfelbaum vor unserem Fenster. Für mich persönlich war es die Karte einer lieben Freundin, die mich daran erinnert hat, dass keine WhatsApp dieser Welt die Nähe eines geliebten Menschen ersetzen kann.

Was mich glücklich macht? Die kleinen, unerwarteten Dinge.

Wildnis ist ok, Wildnis ist Natur, Natur ist wir

Ein Wabi Sabi Garten ist ein Wohlfühlort, an dem wir sein dürfen wie wir sind – perfekt unperfekt. Ein Paradoxon, welches verdeutlicht, dass weder die Idee eines englischen Rasens, noch ein komplett verwilderter Garten dem Wabi Sabi Prinzip entsprechen. Vielmehr geht es darum, im harmonischen Dialog mit der Außenwelt, also auch dem Garten zu existieren. Ein Wabi Sabi Garten lädt dich ein, auf subtile Art Einfluss zu nehmen und zu beobachten, wie er sich von alleine entwickelt. Das braucht Geduld oder eben eine neue Form der Gelassenheit. Sicher ist, Vögel, Insekten und andere Tiere werden es dir danken.

„Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt“

In einer Zeit, in der das Chaos permanent von Außen auf uns einzubrechen droht, kann der Gedanke den eigenen Garten „loszulassen“ beängstigend wirken. Die Kontrolle abzugeben (ohne dabei den gesamten Lebensentwurf in Frage zu stellen) kann jedoch wirklich befreiend wirken. Das letzte Jahr hat uns gelehrt, dass wir eigentlich nichts wirklich beeinflussen können. Während manche Menschen es bereits verinnerlicht haben, so fällt es mir nach wie vor schwer gelassener durchs Leben zu gehen. Neben mehr Yoga hilft mir der Garten, mich auf die Natur zurückzubesinnnen und ab und an Inne zu halten. Mein Weg zum Wabi Sabi Garten hat gerade erst begonnen und ich hoffe, dass diese Grundsätze mir helfen nicht davon abzukommen:

In diesem Sinne – wenn schon mehr, dann Wabi Sabi.

Deine erdhummel.

Quelle: Lepple, A. (2020) , Mein Wabi Sabi Garten – respektvoll gestalten, achtsam genießen, Eugen Ulmer KG, Stuttgart